„Somewhere … everyday. Die Politisierung des Alltäglichen“ beschäftigt sich mit den oft übersehenen, subtilen Aspekten des täglichen Lebens und ihrer tiefgreifenden Wirkung auf die Gesellschaft und den einzelnen Menschen. Die ausgestellten Werke zeigen Routinen, Bewegung, Funktionalität und Zustände von Körpern, die unseren Alltag wie im Loop bestimmen. Gleichzeitig erinnern sie daran, dass Alltag nicht von allen Menschen gleich verstanden wird und von der Freiheit des Einzelnen abhängig sein kann. Die ausgewählten Werke laden dazu ein, die eigene Wahrnehmung der alltäglichen Mechanismen zu hinterfragen und zu erkennen, dass das Gewöhnliche keineswegs neutral ist, sondern bestimmt wird durch gesellschaftliche und politische Strukturen. Mithilfe verschiedener Medien, darunter Malerei, Textil, Fotografie, Video, Installation und Performance sowie digitaler Kunst, eröffnen die teilnehmenden Künstler*innen einen Dialog zu den oft unbewusst erlebten Prozessen.
Angetrieben von Erwartungen, Zwängen und dem immerwährenden Leistungsdruck wirft die Ausstellung einen kritischen Blick auf Abläufe und Pflichten, die das Leben formen, ohne dass sie immer bewusst wahrgenommen werden. Darunter versteht sich unter anderem das stetige Streben nach Produktivität und Effizienz, das immerwährende Funktionieren von uns Menschen in der heutigen Leistungsgesellschaft, ungeachtet jeglicher Umstände: von politischen Konflikten über persönliche Erschöpfung bis hin zu gesellschaftlichen Ungleichheiten. Darunter beschäftigen sich einige Werke mit den Erfahrungen weiblich gelesener Personen und thematisieren die Mechanismen patriarchaler Strukturen sowie die Erwartungen und Herausforderungen des Funktionierens nach einschneidenden Erlebnissen.
Die Bewegung von Körpern und damit auch unsere allgemeine Bewegungsfreiheit findet dabei nicht nur im physischen Raum statt, sondern auch im sozialen, wirtschaftlichen und politischen. Mobilität kann Ausdruck von freiem Willen sein, jedoch genauso eine Notwendigkeit aufzeigen, sich aus gegebenen Bedingungen zu befreien. In einer Zeit, in der Standortwechsel – freiwillig oder erzwungen – zum Alltäglichen werden, eröffnet die Ausstellung eine Perspektive auf die Chancen und Risiken von Mobilität, vor allem im Kontext von Migration als tiefgreifende Erfahrung, die das Finden eines neuen Lebensraums sowie das Leben in zwei Welten mit sich bringt.
Doch ebenso wie Bewegung eine gesellschaftliche Dimension hat, ist auch Ruhe – insbesondere Schlaf – ein alltäglicher Prozess, der weit mehr Bedeutung trägt, als oft angenommen. Schlaf ist ein zentrales Bedürfnis – ein Zustand, der oft als passiv und unpolitisch betrachtet wird, aber in Wirklichkeit tief mit zahlreichen Strukturen verwoben ist. Schlaflosigkeit kann eine direkte Folge gesellschaftlicher oder politischer Ängste sein. Gleichzeitig kann Schlaf auch als Akt einer Bewusstwerdung interpretiert werden: Eine Pause, meist aufgeladen mit Gedanken und Gefühlen, die sonst keinen Raum finden, in der man sich der ständigen Optimierung und dem Leistungsdruck entzieht. Die Ausstellung lädt durch eine Rauminstallation und eine dazugehörige Performance dazu ein, Schlaf nicht nur als individuelle Erfahrung zu betrachten, sondern als kollektives und strukturell geprägtes Phänomen. Es bestimmt unser alltägliches Leben und wird dennoch nicht allen Menschen zu jeder Zeit gewährt.
Teilnehmende Künstler*innen: Paula Abalos, Angelina Askew, Ale Bachlechner, Katharina Büttgen, Susanne Haun und Doreen Trittel, Frenzy Höhne, Nadine Kinder, Larissa Klerx, Juliana Paek, Úna Quigley, Francesca Romana-Audretsch, Ricarda Rommerscheidt, Shannon Sinclair, Solveig Turner, Renjie Wang, Konrad Weichs, Larissa Zauser
Kuratiert von der Ausstellungsgruppe Bonn in Zusammenarbeit mit dem Frauenmuseum Bonn. Finanziert durch den AStA und das Studierendenparlament der Universität Bonn.